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Datengrundlage und Methodik der Erstellung der Listen

 

Dieser Definition folgt auch die Erfassung widerständiger Mieter*innen von Gemeindewohnungen im vorliegenden Projekt.

Die vom DÖW online zugänglich gemachten Listen der Opfer politischer Verfolgung wur­den mit einer Reihe von im Dokumentationsarchiv vorhandenen Quellenbeständen verschnitten.

 

  • Datenbank „Namentliche Erfassung der Opfer politischer Verfolgung“

Die Datenbank enthält aktuell Angaben zu 8.226 Österreicher*innen, die während des NS-Regimes aus politischen Gründen hingerichtet oder ermordet wurden oder im Zuge der Verfolgung ums Leben kamen. In dieser Daten­men­ge enthalten sind auch die Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz, deren Zahl mangels ausreichender Quellenlage nur bruchstückhaft quantifizierbar ist.

Insgesamt ist es aufgrund unvollständiger Quellenüberlieferungen, der Struktur und der Umstände der nationalsozialistischen Verfolgungen unmöglich, eine auch nur annähernd valide Quantifizierung der politischen Opfer vorzunehmen.[1]

Die erfassten Toten stellen grundsätzlich nur einen kleinen Teil der im Widerstand tätig und politisch verfolgt gewesenen Menschen dar. Der frühere wissenschaftliche Leiter des Dokumentationsarchivs und führende Experte der Widerstandsforschung in Österreich Wolfgang Neugebauer schätzt, dass insgesamt ca. 100.000 Österreicher*innen in der einen oder anderen Form widerständig gehandelt haben.[2]

 

  • Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo

Die Gestapo-Leitstelle Wien mit Sitz im ehemaligen Hotel „Metropole“ am Morzinplatz war mit über 900 Mitarbeiter*innen die größte Gestapo-Dienststelle im Deutschen Reich. Täglich wurden bis zu 500 Menschen zur Einvernahme vorgeladen oder nach erfolgter Verhaftung eingeliefert und beamtshandelt. Dazu wurden Fotos angefertigt und auf „Photographierscheinen“ die „Verbrecherklasse“ (bspw. arbeitsunwilliges Ver­halten, Abhören von feindlichen Sendern, Geschlechtsverkehr mit Kriegsgefangenen, homosexuelle Beziehungen, Verstöße gegen antijüdische Vorschriften, kommunistische oder staatsfeindliche Betätigung bis hin zu Vorbereitung zum Hochverrat) verzeichnet und damit die „Erkennungsdienstliche Kartei der Wiener Gestapo“ angelegt. Mehr als 11.000 Personen sind in dieser Kartei erfasst.

Die Originale der Kartei befinden sich im Wiener Stadt- und Landesarchiv. 2001 wurden sie vom DÖW gescannt und in einer Datenbank erfasst.[3] Aktuell sind erkennungsdienstliche Fotografien von rund 6.500 Personen mit biografischen Eckdaten sowie Informationen über die Festnahme und weitere Verfolgung online abrufbar, darunter mehr als 700 Zwangsarbeiter*innen aus dem besetzten Europa.[4]

 

  • Tagesrapporte der Gestapo

Die Tagesrapporte der Gestapo-Leitstelle Wien wurden von Gestapo-Beamten in unterschiedlichen Abständen durchschnittlich zwölfmal im Monat verfasst. Sie enthalten Berichte über die Verfolgung von Kommunist*innen, Sozialist*innen, Angehörigen des kirchlichen Widerstandes, zu ausländischen Arbeiter*innen und Kriegsgefangenen, Sabotagehandlungen sowie zu Parteiangelegenheiten der NSDAP und ihrer Gliederungen und Wirtschaftsangelegenheiten und Beschlagnahmen ausländischer Zeitungen.

Die Rapporte sind im Dokumentationsarchiv als Scans einsehbar. Ein Teil der Tagesrapporte ist auf der Website von DeGruyter online abrufbar.[5]

 

  • Weitere Bestände im DÖW

Weiters durchgesehen und abgeglichen wurde die Sammlung mit Anklageschriften und Urteilen gegen Personen, die durch den VGH oder das OLG Wien wegen widerständiger Delikte verurteilt wurden.[6]

Ergänzende Recherchen wurden in den Akten des überparteilichen KZ-Verbandes durchgeführt.[7] Diese wurden allerdings keiner systematischen Auswertung unterzogen, weil ein sehr großer Teil der in diesen Akten angeführten Wohnadressen nicht jene der Jahre 1938 bis 1945 waren, sondern die Adressen nach 1945, also zum Zeitpunkt, als die Mitgliederkartei des KZ-Verbandes angelegt wurde. Dieser Aktenbestand wurde Mitte der 1960er Jahre dem DÖW übergeben und vor einigen Jahren digitalisiert.

 


[1] Zur hier angesprochenen Problematik siehe: Brigitte Bailer, Zur Frage nach Quantifizierungen der NS-Opfer, www.doew.at/cms/download/fvvu9/bailer_quantifizierung-2.pdf [1.2.2025].

[2] Wolfgang Neugebauer, Der österreichische Widerstand 1938–1945, www.doew.at/cms/download/2ob0q/wn_widerstand-2.pdf, S. 39 [1.2.2025].

[3] www.doew.at/erinnern/personendatenbanken/gestapo-opfer/die-erkennungsdienstliche-kartei-der-ge­stapo-wien [1.2.2025].

[4] www.doew.at/erinnern/personendatenbanken/gestapo-opfer [1.2.2025].

[5] www.degruyter.com/database/TRAP/html?srsltid=AfmBOorvlQzErR0sUbGwFgvFt_5kq-1ScHuq5KJLpTh7ugDaPMfAtYrz [1.2.2025].

[6] DÖW 40.000

[7] DÖW 20.100