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Ehemalige Synagoge in der Neudeggergasse 12, 8. Bezirk

 

In der Neudeggergasse 12 im 8. Bezirk befand sich einst die vom Israelitischen Tempelbauverein in Auftrag gegebene Vereinssynagoge. Sie ging hauptsächlich auf eine Stiftung des Bankiers Moriz Freiherr von Königswarter zurück. Das in Ziegelgotik ausgeführte Gebetshaus wurde nach Plänen des Architekten Max Fleischer errichtet. Bis zum Novemberpogrom 1938 war die 1903 geweihte Synagoge das gesellschaftliche, religiöse und kulturelle Zentrum der Josefstädter Jüdinnen und Juden. Heute steht an dieser Stelle ein Gemeindebau.

 

Das religiöse Zentrum der Josefstädter Jüdinnen und Juden

Obwohl in einer rasanten Bauzeit von nur sechs Monaten im Jahre 1903 errichtet, reichten die Bauvorbereitungen sechs Jahre zurück. 1897 erfolgte nicht nur die Auftragsvergabe, sondern auch die Planung konnte in diesem Jahr abgeschlossen werden. Die Genehmigung seitens der Stadt zog sich allerdings bis 1903. Grund dafür waren die verschärften Sicherheitsvorschriften nach dem Ringtheaterbrand 1881. So musste z.B. die Anzahl der Ausgänge von sieben auf dreizehn erhöht werden.

 

Der „Tempelbauverein“

Um den Bau zu ermöglichen und eine von einem Vermieter unabhängige Gebetsstätte für Jüdinnen und Juden in der Josefstadt zu schaffen, wurde 1884 der „Israelitischer-Tempel-Bauverein des VIII Bezirkes der Stadt Wien“ gegründet. Denn die Gottesdienste mussten in einem gemieteten Lokal in der Florianigasse 41 stattfinden. Der Raum war allerdings zu klein und auch zu dunkel. Mit dem Bau einer eigenen Synagoge sollte hier Abhilfe geschaffen werden. 

Die neue Synagoge wurde nicht nur für Vereinszwecke genutzt:  Festlichkeiten, Theatervorstellungen, musikalische Produktionen, Bälle, Kränzchen und vieles mehr fanden hier statt. Mit den Einnahmen daraus und mithilfe von Spenden und den Mitgliedsbeiträgen sowie durch die Vergabe von Tempelsitzen konnte sich der Verein finanzieren und zu einem überaus reichen gesellschaftlichen und kulturellen Leben beitragen.

Ein Leben, das durch den Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich und die Machtergreifung der Nationalsozialisten schnell sein Ende fand. Während des Novemberpogroms am 10. November 1938 wurde die Vereinssynagoge geschändet und in Brand gesetzt. Dabei zerstörten Sympathisanten des Nazi-Regimes den Innenraum der Synagoge mitsamt seiner vergoldeten Bundeslade. Nach einer Stunde war der Brand gelöscht. Das Baupolizeireferat der Verwaltung des Reichsgaues Wien meldete im Dezember 1939, dass die Vereinssynagoge des 8. Bezirkes abgetragen sei.

Die Liegenschaft war noch 1938 von der Behörde Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände entschädigungslos arisiert worden. Schon im Dezember 1938 erhielt diese Behörde ein Kaufangebot für die Liegenschaft von der Mautner Markhof Brauerei Schwechat AG, denn diese war Eigentümerin der benachbarten Liegenschaft (8; Lerchenfelder Straße 14 / Neudeggergasse 10), deren rückwärtiger Teil als Garten für die Restauration „Grünes Tor“ verwendet wurde. Der ehemals dem Tempelverein gehörige Grund würde zur Vergrößerung des Restaurationsgartens benötigt.

Mit 31.Dezember 1938 wurde die Mautner Markhof Brauerei Schwechat A.G. neue Eigentümerin.

Im Zuge des Rückstellungsverfahrens 1948 wurde die Israelitische Kultusgemeinde Wien Rechtsnachfolgerin. Sie verkaufte 1953 das Grundstück an die Stadt Wien, die in den Jahren 1955 bis 1956 einen Gemeindebau darauf errichtete.